Als ich starb
…
da glitt irgendwo
eine Träne
zärtlich über die Haut
…
Sie wurde mir Nahrung
für das Danach
8. Februar 2016
Erkenntnis
Zu Tode fressen
Ist ebenso sinnlos
Wie verhungern zu wollen
Wenn der Körper zu schwach ist
Und sich beim Sprung
Im Brückengeländer verheddert
Muss die stärkste Seele
Kapitulieren
Und die Erlösung vertagen
1. April 2016
Problembewältigung
Wenn du einmal im Kreis gegangen bist,
Hast du endlich die Chance,
Deinem Problem in den Arsch zu treten;
…
Doch betört mich dieser
Auf schmerzhaft entzückende Weise,
Dass ich ihn weiterhin viel lieber küssend liebkose
…
8. April 2016
Das Nichts der Mitte
Verteidigt sich mit großer Vehemenz
Gegen alles Schöne
Das diese Mitte ausfüllen möchte
…
14. April 2016
Manchmal
Wächst Hoffnung
Durch meine Dunkelheit
Dann frag ich
Warum
19. April 2016
(auf der fahrt nach wien)
… ich lebe …
… und manchen ist das recht …
… ich wär jetzt soweit …
… doch manchen ist das nicht recht …
… ich lebe …
… doch einer ist es egal …
… ich wär jetzt soweit …
… und einer ist es egal …
… ich …
… egal …
20. Mai 2016
Manchmal
Manchmal ist der Sonntag so’n Tag …
Da regnets leise
Und es bügelt sich verträumt im Wohnzimmer dahin …
Da gackerts zärtlich
Und die pc-Tastatur klickt sich harmonisch
durch die Minuten …
Dazwischen meldet sich behutsam das Radio
klavieresk zu Wort …
Beinahe eine romantisch-kleinbürgerliche Idylle …
Und der Zuckerkringel behält sein Loch in der Mitte.
Manchmal ist der Sonntag so’n Tag.
3. Juli 2016
flashback
nach Hans Werner Henzes „Tristan-Prelude“
…
and who is the one
able to understand
able to stand
...
a man has to die
a girl has to understand
...
14. August 2016
(Henze verdichtet schmerzhaft grandios!)
Elfriede Jelinek zum Geburtstag
Ihre Texte gelesen
Ihre Stücke gesehn
Über Seelen gestolpert
Herzen zerquetscht
Darüber sinniert
Und nächtelang geheult
Alles Gute zum Geburtstag!
16. Oktober 2016
(beim Hören von „The Hunt“ von AHAB)
welcome back darkness
. . .
it hurts
…
but sounds so familiar
. . .
it hurts
. . .
but it’s easy to like you
. . .
5. November 2016
“Bist du ein Nachtmensch oder ein Tagmensch?”
…
Ich weiß es nicht …
ein Nachtmensch?
Schwarzgrün von ihr umarmt
Kann auf das Sehen verzichten
Alles kommt näher …
Welt verkriecht sich nach draußen
Meine Dämonen legen sich zu mir
Umarmen zärtlich
Erdrücken erinnernd …
ein Tagmensch?
Taggrau blendet das Denken
Zähmt das Innen …
Weite umrauscht
Lenkt ab
Fühlen weicht Tun …
Gut nicht
Aber leer funktioniert es …
Irgendwie beides nicht
Dennoch beides
Denn
Ins Überleben gezwungen
8. November 2016
Abschied
Ich werfe alle Worte weg
die einander entdeckenden
die falsch verstandenen
die verzweifelt umschreibenden
die erklärend Wahrheit stotternden
Ich werfe alle Worte weg
die vorsichtig versöhnenden
die zärtlich tröstenden
die Verzeihung suchenden
die mühsam hervorbuchstabierenden
Ich werfe alle Worte weg
die gegenseitig verletzenden
die einander bekennenden
die im Reden zerbrechenden
die nachdenklich geteilten
Ich werfe alle Worte weg
stummend umarm ich dich lasse dich gehen
schweigend verspür ich dich tief in mich hinein
entwortet schau ich dir nach lass Silbe um Silbe entgleiten
Ich werfe alle Worte weg
weil alles gesagt ist
wir einander tief drinnen verstehen
18. Dezember 2016
(In einem Abfallkübel fand ich „Websters Encyclopedic Unabridged Dictionary“, am selben Tag ist meine beste Freundin abgereist)
Jahresbeginn
Ein jedes Tag-Werden
drängt das Dunkel tiefer in mich hinein …
Die ich liebe freuen sich
doch fürchte ich überzuschwappen
und mein Du im Nichts zu ertränken …
3. Jänner 2017
Todesfuge
Tod,
wo ist Dein Stachel?
hockst unter meinem Baum,
ritzt mit stumpfem Messer
an dem Stein
der tief in mir
sich verzweifelt bemüht
sein Schlagen zu enden
…
Tod,
wo ist Dein Stachel?
Lässt Scherben tiefgrün
durchs Geäder sich graben,
bis Dir mein Blut auf die Stirn tropft,
im Takt der Melodie,
die traurig der Syrinx entweicht
…
Tod,
wo ist Dein Stachel?
Stich endlich zu!
…
doch Du pflegst Deine Impotenz,
selbstverliebt,
beinahe zärtlich,
und lässt mich
…
zum Leben verdammt
6. März 2017
Hingabe
Wenn Du versuchst
Mich in Dein Korsett zu zwingen
Werde ich Dir nachgeben
Weil ich Dich mag
...
Irgendwann
Werde ich beginnen
Mich zu bewegen
Zu wehren
Ein Ausbruch zu wagen
...
Am Ende
Werde ich resignieren
Mich fügen
Und mein End-lich erwarten
...
Heute
Entdecke ich mich
An der Schwelle
Zur dritten Strophe
Beinahe ...
17. März 2017
Fragment
Du bist schön, meine Geliebte
Du bist schön, meine Tödin
Spür Deinen zärtlichen Atem
Doch umfängst nicht …
Lässt fallen …
Ins Leben …
früh am 17. März 2017
Abschied
- zum selbstgewählten Tod eines lieben Bekannten
Dein Tod
Hat mich mitgenommen
...
Nein
Er trat leise an Deine Seite
Legte behutsam seinen Arm um Dich
...
So gingt Ihr an mir vorüber
Bemerktet mich nicht
...
Dein Tod
Hat mich nicht mitgenommen
Denn er war der Deine
...
Ich steh immer noch am Rand
Und versuch nicht zu fühlen
...
Sehe Euch nach
Zurückgelassen
Allein
22. März 2017
Entkörperung
Die Wohnung ist mir unförmig geworden
zu zugig und plump
…
War letztlich niemals so
als dass ich Dich freudig hereinbitten konnte
Entstand doch immer ein peinliches Verdecken
ruinösen Alterns daraus
Ein wenig noch muss ich ausharren darin
ein wenig zu lang
…
Wann werd ich umsiedeln dürfen
Wirst Du mir Unterkunft geben?
In Deinem Gedenken zumindest
weil Spüren verunmöglicht ist
2. April 2017
Nach dem Konzert
Étölv, Étölv
Du hast mich heute
Mit Deiner unbekümmerten Heiterkeit
Angelacht
…
Beinahe
Hätte meine Mauer tief im Erinnern
Einen Riss bekommen
Einen Riss
3. April 2017
„Sie hat mir eine weiße Rose geschenkt“
(Fragment nach A. Zemlinskys Oper „Der Zwerg“)
Das
grausamste
ist
an
sich
selbst
zugrunde
zu
gehen
und
dennoch
nicht
sterben
zu
können
…
27. April 2017
Jahre nach meinem Tod
längst verweht
ist der Geruch
einer verwesenden Hoffnung
Da gräbt sich
behutsam erwachend
eine Sehnsucht
durchs betonerne Herz
…
und niemand bemerkts
6. Mai 2017, sehr früh am Morgen
Begegnung
vertraut
auf alten Möbeln
so als ob einzig ein Anruf
nur kurz unterbrach
ansteckend
lebensfreudige Weisheit
streift attraktiv gewordene Narben
und ordnet sie neu
rötlichbraun
schimmert das Nachmittagslicht
und lädt ein
behutsam einen Schritt vor meine Höhle zu tun
6. Mai 2017, abends in Wien
ankommen?
Nirgendwo
eine Tür
…
öffnet sich plötzlich
auf eine Treppe hin
…
schraubt sich nach unten
zieht einen Schritt dem anderen nach
…
Eine Stimme!
„Die Treppe ist nicht existent!“
…
Stufe für Stufe überhör ich
gleitet hinter mir es empor
bis alles
unendlich grün
…
angekommen?
eine Tür
Nirgendwo
19. Mai 2017, vor dem Belvedere
Junitraum in As-Dur
schlaflos
…
Dunkel
unendlich dunkel … plötzlich intensiv spüren es schmerzt
…
Hand in Hand unterwegs
unsicher einander ertastend … dennoch vertraut
…
Schritt um Schritt
ankommen auf der Brücke … keine Angst mehr
…
Jenseits der Brücke umarmt Dunkel alles
hinter dem Halten … bodenlos frei
…
fliegen … gemeinsam fliegen
fliegen … einander glücklich umarmend
fliegen … nicht mehr aufhören wenn Dunkel zerfällt
…
einander erspüren … es tut nicht mehr weh
einander hell … einander schmerzfrei …
einander frei
…
doch wieder erwachen
wieder ein Tag … unendlich dunkel
unendlich allein
…
in der Nacht von 4. auf 5. Juni 2017
Rücktritt
…
dann seh ich den Autos nach,
seh die Gesichter derer da drinnen
und trete zurück …
Ich will Euch nicht treffen,
nicht, die auf Euch warten,
auch nicht, die mir nahe …
dann geh ich nach Hause,
entleere mein Herz
und sehne den Autos nach …
11. Juli 2017
Treue ?
Tiefnachts
festgekrallt
Am Geländer meiner Angst
Dem Ersehnen Deiner Blicke nicht entkommen
Eines Nachts
mutig genug
Das Halten aufgeben
Hinabtauchen in die Welt Deiner tiefbraunen Augen
Ein Sprung nur
Noch nicht
Bald
26. August 2017, tief in der Nacht
Der Immigrant
(eine Ballade)
Irgendwann
Weit hinter dem Verzweifeln
Auf den Weg gemacht
In Schluchten erdrückender Glaubensgebäude verirrt
Auf monogamen Weiten vereinsamt
Am Straßenstrich der Normen letzte Werte verloren
Irgendwann
Sich nach innen geschleppt
Dorthin
Wo keinem erklärt werden muss
Auch wenn niemand versteht
Dorthin
Wo Sehnsucht allein bleibt
Doch gerade überlebensfähig noch ist
Niemandem Rede stehen zu müssen
Weil alles darnieder liegt
Niemandem erklären zu müssen
Weil letztlich keine versteht
Tief innen überdauern
Solange die Fassade noch hält
1. Oktober 2017
am Leben ermüdet – und doch weiter träumend
träumend
das Geländer überwinden
ängstliches Festleben erlöst
träumend
wieder und wieder fallen dürfen
von Dunkelheit zärtlich umhüllt
träumend
Deine Haut behutsam erspüren
vom Du endlich erkannt
träumend
wieder und wieder …
wieder ein Sprung der misslingt
11. Oktober 2017
Was bleibt,
wenn Worte zerfließen und der Rhythmus des Herzens verstummt …
(94 Worte in 5 Gedichtsfetzen gesammelt)
I
… male … schreibe … verdichte …
lasse sterben, um überleben zu können
… wache … trinke … weine …
unbemerkt wächst, was viel zu tief wurzelt
II
Ich erheb mich
und folge
wohin mein Herz das Hirn heute Nacht treibt
Dorthin
wo ich verliere
was niemals das Meine genannt
III
… mein Traum wird Dich finden, träum ich …
IV
(beloved demoness)
Tief in der Nacht
erwachst Du, geliebte Dämonin
umarmst
und weckst zärtlich die schutzlose Sehnsucht
…
Raubst liebkosend Atem und Schlaf
kriechst tiefer und tiefer in mich
schläfst ein
und überlässt mir Erschöpftem den Tag
…
V
Die letzten Zeilen
sollen alles beenden
…
beschließen
was nie einen Anfang geseh’n
…
Sommer/ Herbst 2017
My yearning will never end
Although
Between you and me
There was never and
1. November 2017
Epilogus
Mit fünf Gedichtsfetzen und einem offenen and findet der Band „Jenseits der Brücke“ ein Ende.
Endgültig?
Vorläufig?
Ich weiß es nicht, bin jedoch sicher, dass es Zeit ist, die Brücke hinter mir zu lassen.
Jenseits der Brücke breitet sich eine Weite aus, die mir in ihrer Fremdheit manchmal so vertraut erscheint, als hätte ich schon ewige Zeiten dort gelebt. Das freut und ängstigt mich gleichermaßen.
Wenige Menschen haben verstanden, auf welche Weise ich zu dieser Brücke gelangt bin, was ich dort wollte, und wohin ich auf ihr zu gelangen versuchte. Diesen wenigen Einzigartigen ist es zu verdanken, dass ich die Brücke, von der ich nicht weiß, wie sie entstand, wie ich dorthin kam und was ich dort wollte, wieder und wieder überlebender-weise verließ …
Ob ich jemals zur Brücke zurückkehren werde?
Ich weiß es nicht.
Ich weiß nicht, wann und auf welche Weise sie sich meiner wieder bemächtigen wird. Eines Tages … wahrscheinlicher eines Nachts … werde ich wieder vor ihr stehen.
Dann wird alles so vertraut sein, und ich werde entscheiden, ob ich diese Brücke betreten werde, und auf welche Weise ich sie wieder verlasse … endgültig verlasse …
Heute lasse ich die Brücke hinter mir und schließe diesen Band.
Mehr weiß ich nicht …
klaus augustin
Dezember 2017